Wegweiser für gutes Volkstheater: „Winkelgässli 7“
Falls der Leser nicht wissen sollte, wo diese Gasse liegt: Mit dem 32er Bus fährt er auf den Friesenberg, lenkt seine Schritte zum Café Schweighof, und ein blau-weisses Täfelchen „Winkelgässli 7“ weist in den Saal. Man setzt sich bequem hin, der Bühnenvorhang hebt sich und schon befindet man sich mitten in der Altstadt...
Zunächst schliessen wir im Treppenhaus vom Winkelgässli 7 Bekanntschaft mit allerhand Käuzen und Käuzinnen. Echt freundnachbarlich missgönnen sie sich sogar gegenseitig das Zahnweh. Doch so wie das Schicksal den Hobel, lies: die Spitzhacke, an ihre Heimstatt anzusetzen droht, da stellen sich alle freundschaftlich hintereinander. Zuvorderst der redegewandte Vogelsang, der im Altstadtverbauungsbüro vor der Expertenkommission eine Lanze für die Winkelgässler bricht. Resultat: der amerikaverrückte Chef, der am liebsten die ganze Stadt niederlegen und an ihrer Stelle Wolkenkratzer aus dem Boden stampfen möchte, wird abgesetzt. Den Winkelgässlern werden ihre Wohnungen erhalten, lediglich renoviert.
Realistische Typen stellt Noldi Senglet in seinem lustig-ernsten Dreiakter vor uns hin. Und Leo Seidl, der geschickte Bearbeiter, hat aus den ursprünglichen Baslern waschechte Zürcher gemacht. Überhaupt atmet seine ganze Inszenierung echte Altstadtatmosphäre, unterstützt vom naturgetreuen Bühnenbild von Alb. Isler GmbH. Der Spielleiter selber leiht dem unsympathischen Wäspi derart markante Züge, dass die Zuschauer in der Prügelszene mit auf ihn einhauen möchten. Darüber seien die übrigen Mitglieder der Theatergruppe Friesenberg nicht vergessen, die in Maske und Gehaben wie dem Leben abgelauscht wirken.
Die Premiere vom Samstag war ein voller Erfolg; er dürfte dem aktuellen Stück auch in den Wiederholungen (1., 5., 8., 9. und 15. Oktober) treubleiben.